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Artikel „Krünitz“ aus: [Julius Friedrich Knüppeln; Carl Christoph Nencke; Christian Ludwig Paalzow]: Büsten berlinscher Gelehrten und Künstler mit Devisen. Leipzig : [Franzen], 1787. XIV, 396 S. (hier: S. 155-158)

Krünitz, Johann George.

Improbus labor vincit omnia

Wenn ein Mann von ausgebreiteter Gelehrsamkeit, der von den Gelehrten der entferntesten Nationen gekannt, und bei ihrem Aufenthalt in Berlin besucht wird, der ihr Erstaunen erregt, in seinem Vaterlande, dem er durch die nützlichsten Kenntnisse so brauchbar wird, nicht mehr belohnt, nicht mehr geehrt zu seyn; wenn er bei dem ermüdensten Fleiß, bei Anstrengung aller Kräfte, noch im hohen Alter blos der Tagelöhner eines eigennützigen und verschwenderischen Buchhändlers seyn muß: dann bebt der junge Gelehrte zurück, für allem, was solide Wissenschaft heißt: dann strebt er durch jedes Mittel nach einer Bedienung, die so vielen unwissenden und nachlässigen zu theil werden: dann opfert er dem Geschmack seines lustigen Jahrhunderts, und schreibt, wenn er doch schreiben muß, um nicht zu betteln oder Holz zu hacken, wäßrigte Schauspiele, lüsterne Romane, mit dem Tage dahin sterbende Journale, oder wol gar Sittengemälde, von den Thorheiten großr Städte. - Der Herr Doktor Krünitz und Mitglied verschiedner gelehrten Gesellschaften, welche erstlich praktisirender Arzt war, fand bei diesem Geschäft zu wenig Nahrung für seinen wißbegierigen Geist. Er umfaßte ein Feld, welches noch durchaus inkultivirt, voller Dornen, Diesteln und Steine lag. Sein eiserner Fleiß, der bei seinem kränklichen Körper ein Problem für die größten Aerzte ist, verwandelte diese Wüste in ein fruchtbares Gefilde, woraus der Finanzier, der Cammeralist, der Policeiverständige, der Kaufmann, kurz, alle diejenigen Volksklassen, welche nützliche Gewerbe treiben, Segen schöpfen können. Seine Oekonomische Encyklopädie ist bereits zu einer großen Anzahl von Bänden angewachsen; ihr anerkannter Beifall, ihre Empfehlung der höchsten Landesstellen zu deren Anschaffung bei allen Unter-Instanzen, hat bereits eine zweite Auflage nothwendig gemacht. Der anfängliche Plan des gelehrten Herrn Verfassers gieng blos dahin, die französische Encyklopädie zu übersetzen: allein er fand gleich bei den ersten Bänden daß die den Franzosen gewöhnliche Seichtigkeit den Deutschen nicht gnügen würde, und er arbeitete nun nach einem weitläuftigern Plan, laß alle Schriften der Alten und Neuern, und sammlete mit der größten Sorgfalt, was unter jeden Artikel paßte. Beinah in der Mitte seiner Arbeit gieng er noch weiter. Geographie, Jagd- und Bergwerkssachen waren bisher nicht berührt worden; aber nun nahm er auch diese mit in sein Werk auf. Selbst die Sitten schienen ihm nicht ganz außer dem Kreise seines Vorhabens zu liegen, und der weitläuftige Artikel, Jungfer und Nichtjungfer beweist, vielleicht mit etwas zu viel Gelehrsamkeit, wieviel der Verfasser las, um die Welt mit diesen zweideutigen Geschöpfen von den Zeiten des Herodot, bis auf den Verfasser der Galanterien Berlins bekannt zu machen. Der Herr Doktor Krünitz arbeitet täglich 14 Stunden, schreibt alles selbst, und besorgt noch oben drein die Correktur. Er besitzt vielleicht die vollkommenste Cammeralistiche Bibliothek auf der Welt, und man erstaunt mehr über den Fleiß des Mannes, als über die Größe seines Werks, für dessen Fortsetzung auch schon im voraus, auf den Fall seines Todes gesorgt ist. Einen wärmern Freund der Gelehrsamkeit wird man selten finden, selten einen Mann, der, wir können wol sagen, bei seiner ungeheuren Kenntniß, mehr Nachsicht gegen selbst unvollkommne Schriften bezeigt, der mit mehrerem Gefühl der Freude für das kleinste den Wissenschaften erspriesliche Institut belebt wird. Außer diesem großen Werk hat er auch noch verschiedne kleinere Schriften geliefert, aber wer wird den Besitzer einiger Gartenbäume bewundern, der noch einen ganzen Wald pflanzt. Wir wünschen dem würdigen Mann noch ein langes Leben, und die Verbesserung einer Gesundheit, deren Mangel er so standhaft erträgt, und darin eben so problematisch scheint, als in seinem Fleiß, wovon ein Schaden am Fuß, den die größten Aerzte für einen Brand hielten, und zur Ablösung riethen, die er aber nicht wagen wollte, und wieder alle Erwartung durch andre Mittel hergestellt wurde, ein Beweis ist.