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7. Schlussbetrachtung

In meinen abschließenden Bemerkungen knüpfe ich an meine Ausführungen in der Einleitung an. Dort referierte ich Herbert Ernst Wiegands Klassifikation der Nachschlagewerke. Das 2. Kapitel beschäftigte sich explizit mit den Werken, die einen genuin sachlexikographischen Zweck erfüllen bzw. zu der (fachlichen) Sachlexikographie zu zählen sind. Wenngleich ich nur wenige erwähnt habe und auf deren Konzept und Praxis nicht eingehen konnte, ist doch deutlich geworden, daß es sich lohnte, der frühen Sachlexikographie mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Die Vorstellung der Wörterbücher Johann Christoph Adelungs im 4. Kapitel bestätigte die These, daß es sich um Nachschlagewerke mit genuin sprachlexikographischem Zweck handelt. Hinsichtlich der Einordnung in die Tradition zeigte sich indirekt, daß Adelung in der Darstellung der benutzten Quellen nicht seinem Vorgänger Frisch gefolgt ist. Während jener ein Quellenverzeichnis geliefert und die Übernahmen aus sachlexikographischen Werken als solche gekennzeichnet hat, hat Adelung sowohl auf ein Verzeichnis als auch auf genaue Belegangaben im Wörterbuchtext verzichtet. Wie ich in Kapitel 6.2. nachgewiesen habe, hat Adelung Krünitz' Enzyklopädie gekannt und eingearbeitet, jedoch nicht in Form eines wortwörtlichen Abschreibens. Die "Oeconomische Encyclopädie", das 5.Kapitel ist ihr gewidmet, muß von dem ursprünglichen Konzept und der lexikographischen Praxis der ersten sieben Bände aus betrachtet der fachlichen Sachlexikographie zugerechnet werden. Mit der Einarbeitung der semantischen Paraphrase Adelungs hat sich das Bild geändert. Ihn des Plagiats zu bezichtigen, scheint im Hinblick auf den

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Umfang, den die Übernahmen angenommen haben, gerechtfertigt. Jedoch ist zu bedenken, daß Krünitz in den meisten Fällen die Ausführungen entsprechend seiner eigenen Konzeption umgearbeitet bzw. ergänzt hat. Krünitz hat nicht einen zweiten "Adelung" publiziert, sondern dessen semantische Explikation zur Basis eines neuen, hinsichtlich des genuinen Zweckes differenten Nachschlagewerkes benutzt. Zu fragen ist, wie sich das Abschreiben auf die "Oeconomisch-technologische Encyklopädie" ausgewirkt hat. Zitiert sei abermals Wiegand: "In der fachlichen Allbuchlexikographie werden fachliche Allbücher erarbeitet; deren genuiner Zweck besteht darin, daß der potentielle Benutzer aus den lexikographischen Daten Informationen über fachsprachliche Gegenstände und solche über die Sachen im Fach entnehmen kann. In fachlichen Allbüchern treten enzyklopädische Angaben auf, deren genuiner Zweck darin besteht, daß mit ihnen Sachen im Fach beschrieben werden, sowie linguistische Angaben, deren genuiner Zweck darin besteht, daß mit ihnen., fachsprachliche Gegenstände beschrieben werden." 1
Der genuine Zweck der enzyklopädischen Angaben bleibt erhalten. Die linguistische, bei Krünitz reduziert auf die semantische und etymologische Angabe beschränkt sich, wie ich gezeigt habe, auf fachsprachliche Informationen und entspricht insofern der Merkmalstruktur Wiegands. Ihr stark angewachsener Umfang ab dem Buchstaben C gibt den Ausschlag für die Einordnung des Krünitzschen Werkes unter die fachlichen Allbücher. Die zeitgenössischen Rezensenten und die späteren Rezipienten werden der Veränderung insofern gerecht, als die

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"Oeconomisch-technologische Encyklopädie" zunehmend als "Allgemeinenzyklopädie" bezeichnet wird. Daß dieser Begriff der Praxis zunehmend gerecht wird, liegt nicht allein an den linguistischen Angaben, sondern auch vor allem an der Erweiterung des Stichwortkorpus und den detaillierteren Ausführungen. Resümierend kann bezüglich des Zusammenhanges von Sach- und Sprachlexikographie festgehalten werden, daß der Einfluß der "Oeconomischen Encyclopädie" auf das "Grammatisch-kritische Wörterbuch" gering ausfällt, daß hingegen die umgedrehte Richtung zur Veränderung des Werkes geführt hat. Der Vorteil dieser Entwicklung liegt auf der Hand. Die zeitgenössischen als auch heutigen Benutzer können in jenem Werk sowohl Informationen über die Bedeutung eines Begriffs in unterschiedlichen Berufssprachen als auch über den Gegenstand erhalten. Die historische Forschung, darunter vor allem die alltagsgeschichtliche und feministische sowie die literaturwissenschaftliche Forschung wendet sich in den letzten Jahren verstärkt der Enzyklopädie zu. Anhand eines Beispiels möchte ich zum Schluß die heutige Rezeption der Enzyklopädie vorstellen. Im Rahmen der feministischen Frauenforschung in Hamburg wurden die Aufzeichnungen einer Hamburger Kaufmannstochter entdeckt. Die Publikation ist 1987 unter dem Titel Margarethe E. Milow: "Ich will aber nicht murren" erfolgt, wobei die Herausgeberinnen, Rita Bake und Birgit Kiupel, den Text in Form eines "Sach- und Gefühlslexikons in alphabetischer Reihenfolge von Abschied bis Zuckerbäcker" kommentierten. In ihrem Vorwort schreiben sie: "Wir zitierten Quellen, die sonst nur schwer auszuschöpfen sind, um damit eine Grundlage für weitere Forschungsreisen zu liefern. Ausführlich zu Wort kommt Johann Georg Krünitz, Verfasser einer der umfangreichsten, weil 242 Bände

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umfassenden Staats, -Stadt, -Haus und landwirtschaftlichen Enzyclopädie des 18.Jhds." 2 Das Interesse für weitere Forschungsreisen in das weite Land der Sachlexikographie zu wecken, war auch die Absicht dieser Arbeit. leerer Raum